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sheep near an oak in the sunset
Ein Verein in Burggrumbach kümmert sich um Bildstöcke und Grabmale

Denkmalretter ohne Nachwuchssorgen

Es fiel Günter Dusel nicht schwer, Ja zu sagen. Als der Kulturgeschichtliche Arbeitskreis Burggrumbach 2016 einen Nachfolger für den Vorsitzenden Josef Oppmann suchte, stand der studierte Lehrer bereit. „Ich hätte es eigentlich besser gefunden, hätte das jemand vom Dorf gemacht“, sagt Dusel, der 1977 aus Schweinfurt zugezogen ist. Aber es gab niemand mit genügend Zeit. Die hat der Pensionär Dusel. Und er verfügt über eindrucksvolles historisches Wissen.

Dass es den Arbeitskreis gibt, ist ein Indiz für das ausgeprägte Geschichtsbewusstsein in Burggrumbach. 1984 hat Ansgar Schraud die Initiative gegründet. Seither trugen die Mitglieder des Arbeitskreises viel Wissen über die Geschichte ihres Dorfs im Dekanat Würzburg rechts des Mains zusammen. Der Arbeitskreis befasst sich mit dem Volksglauben und dem Brauchtum, mit der Historie der Burggrumbacher Höfe, mit den Gedenkstätten des Orts, den Bildstöcken und der Schulentwicklung. Seit knapp zehn Jahren gibt es jährlich eine neue heimatgeschichtliche Publikation. Hieran wirkt Günter Dusel federführend mit.

Blutwunder von Walldürn

Bei den Bildstöcken lautet die Kardinalfrage: Wie geht man bei der Restaurierung und der Wiederherstellung vor? „Die Bildstöcke so nachzumachen, wie sie mal waren, ist unbezahlbar“, bedauert Dusel und verweist auf den 2016 neu geschaffenen Bildstock „Blutwunder von Walldürn“ anstelle des durch Witterungseinflüsse zerstörten Kleindenkmals aus dem Jahr 1692.

„Wir hatten uns zusammengesetzt und überlegt, wie das Blutwunder mit den Stilmitteln unserer Zeit dargestellt werden könnte“, erläutert der Vorsitzende. Doch auch immerhin 13.000 Euro hat es gekostet, den Bildstock aus grünem fränkischen Sandstein neu zu schaffen. Eine solche Arbeit ist nicht im Handumdrehen erledigt. Eineinhalb Jahre brauchte Steinbildhauer Josef Hofmann, um das „Blutwunder von Walldürn“ neu zu gestalten. Gleichzeitig entstand südlich der Kirche ein neuer Platz für das Glaubenszeugnis.

Kreuzschlepper

Nachdem es das „Blutwunder“ nun wieder gibt, kümmert sich der Arbeitskreis um den „Kreuzschlepper“. Dieser stark beschädigte Bildstock von 1720 wird seit Anfang September restauriert. Dusel: „Wir hoffen, ihn nächstes Jahr wieder aufstellen zu können.“ Problematisch ist, dass der Bildstock bei einer Restaurierung im Jahr 1983 in Acryl getaucht wurde. Das macht die jetzige Sanierung sehr aufwendig.

Günter Dusel ist niemand, der es liebt, sich faul aufs Sofa zu legen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. „Er ist unglaublich aktiv, wir sind so froh, dass wir ihn haben, Günter ist einfach ein Glückstreffer für uns“, schwärmt seine Vorstandskollegin Reinhilde Schraud.

Kalender mit historischen Fotos

Gibt es zwischendurch mal nichts mit den Bildstöcken zu tun, befasst sich der ehemalige Mitarbeiter der Regierung von Unterfranken mit dem Kalender, den der Arbeitskreis jedes Jahr herausgibt. Außerdem kümmert sich Dusel darum, dass historisch bedeutsame Gebäude aus Burggrumbach ein Schild bekommen, das an ihre vergangene Nutzung erinnert. Das betrifft zum Beispiel den ehemaligen Pfarrhof.

In der Gemeinde wird Brauchtum nicht als gestrig abgetan. Ganz im Gegenteil: Der rührige Arbeitskreis hat eine Menge Fans. Darum gelingt es auch immer leicht, Spender für Restaurierungen zu finden. Auch der jährliche Kalender mit historischen Photos findet reißenden Absatz. „Die Nachfrage wird immer größer, im letzten Jahr haben die Kalender gar nicht ausgereicht!“, erzählt Dusel. Ganz besonders erfreulich sei, dass sich zunehmend junge Leute für die Geschichte ihres Heimatdorfs Burggrumbach interessieren.

Kulturgeschichtlicher Arbeitskreis

Auf besonders lebhaftes Interesse bei den Jüngeren stieß überraschenderweise die im Jahr 2020 herausgegebene Dokumentation „Öffentliches Gedenken und Erinnerungskultur“. Auch am Medienecho mangelt es nicht. Über die Hefte des Kulturgeschichtlichen Arbeitskreises Burggrumbach gibt es stets größere Berichte in der Lokalzeitung. Gerade­ eben erschien ein Artikel über den Band zur „Erinnerungskultur“.

In dieser Dokumentation lassen es die Autoren Günter Dusel und Egon Schraud nicht an eindringlichen Worten fehlen. Denn Denkmäler aufzustellen, betonen sie, das reicht nicht. Wörtlich heißt es in dem Heft: „Gedenken bedarf des Mitfühlens und der Erinnerung. Dieses Erinnern setzt ein tiefes historisches Bewusstsein voraus, um zu verstehen, warum das alles geschehen konnte.“ Gedenkstätten, so der Appell der beiden, müssten „neu gedacht“ werden.

Aber zurück zu Dusels speziellem Fachgebiet, den Bildstöcken. Hier gilt es, begreifbar zu machen: An den Bildstöcken ist abzulesen, wie die Menschen einst ihren Glauben lebten.

Kreuzzeichen und stilles Gebet

Davon erzählt eine 1914 geborene Zeitzeugin: „Wenn man an einem Bildstock vorbeigekommen ist, machte man das Kreuzzeichen und betete still ein Vaterunser.“ Ihr eigener Vater habe stets seine Mütze abgenommen und Christus um Schutz vor Sturm und Hagel gebeten.

Zwischen 1550, als der erste Bildstock gesetzt wurde, und 1692, also fast 150 Jahre lang, wurde übrigens kein einziger neuer Bildstock aufgestellt. Warum war das so? Diese lange Zeit war von Nahrungsmangel und Krankheiten geprägt gewesen. Aber brauchte man nicht gerade in einer solchen Lage göttlichen Beistand? „Es herrschten meist bittere Not, Elend, Seuchen, Glaubenskämpfe und kriegerische Auseinandersetzungen, sodass den Dorfbewohnern schlichtweg jegliche materielle Voraussetzungen für ein Marterl fehlten“, erläutert Dusel. Immaterielle Gebete mussten reichen.

Die Einwohnerzahl von Burggrumbach wurde durch die Kleine Eiszeit und den Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648 massiv dezimiert. Am Tiefpunkt dieser Entwicklung lebten nicht einmal mehr 100 Menschen im Dorf. Zu vermuten steht nach den Worten von Dusel aber auch, dass in der Zeit der „Hexenhysterie“ niemand durch die Stiftung eines Bildstocks seine Frömmigkeit unter Beweis stellen musste.

Pat Christ